Mittwoch, 5.Oktober. 2016

Nachdem wir schon auf 13 Exkursionen die verschiedensten Reisemöglichkeiten genutzt hatten, von privaten PKW-Fahrgemeinschaften bis Bahn und Flugzeug, fuhren wir zum ersten Mal mit einem „Flix-Bus“. Der RHA-Vorstand hatte das aus Kostengründen beschlossen, denn der Fahrpreis beträgt nur etwa ein Drittel der Bahnkosten

Fast wie geplant trafen sich 9 von 15 angemeldeten Teilnehmern, zwei Tage nach dem 26.Tag der Deutschen Einheit um 8:15 Uhr an der Hochstraße (Breitenweg 13) um wieder mal die deutsche Hauptstadt zu besuchen. Zwei Teilnehmer schafften es noch im letzten Moment vor dem Fahrkartenkauf abzusagen, ein dritter musste leider zwei Tage vor Reisebeginn noch ins Krankenhaus gebracht werden und Hartmut R. aus B. buchte kurzfristig um auf die Bahn, weil er lieber die hier bekannten Risiken in Kauf nahm, als die unkalkulierbaren Unannehmlichkeiten einer Busreise.

Da ist schon etwas Wahres dran, denn der Express-Flix-Bus fährt nach Berlin durch ohne Pause für die Fahrgäste. Nur ein kurzer Stopp bei Fahrerwechsel. Doch auch hier darf niemand aussteigen, Zigarettenpausen gibt es nicht, die Bordtoilette ist zwar brauchbar für zierliche Menschen aber noch wesentlich enger als in der Bahn. Außerdem ist Anschnallpflicht wie uns der nette aber sehr dicke Fahrer als einer der ersten und wichtigsten Hinweise gab. Doch auch einiges Entspannende verkündete er:
Es wird eine halbstündige Pause geben weil er alleine fährt, die Lehnen der Sitze können geschwenkt werden, Fußrasten- und seitliche Sitzverstellung gibt es und eine größer als übliche Beinfreiheit zum Vordersitz. Auch war der Bus nicht voll besetzt so dass z. B. ich mich auf zwei Sitzen ausstrecken konnte.
Im Gegensatz zu den meisten Zügen waren wir zwar planmäßig um 8:45 Uhr abgefahren, doch die Prognose „Wir werden pünktlich in Berlin ankommen“ hielt ich für sehr gewagt, nachdem was ich früher auf diesen Autobahnen schon gesehen und manchmal selbst erlebt hatte. Aber das war mir zunächst wurscht und ich holte noch etwas Schlaf nach weil ich ja heute schon um 7 Uhr aufstehen musste.

Die Flix-Busfahrt verlief ohne Zwischenfälle über die A27, A7, Autobahnkreuz Hannover-Ost, A2 bis Raststädte Helmstedt-Ost / Marienborn mit der Gedenkstätte „Deutsche Teilung“ wo wir wie versprochen von 11:00 bis 11:30 Fahrer-Pause machen durften. Die ersten 10 Minuten habe ich beim Sanifair vertrödelt - es hätte auch viel schneller gehen können - bis ich feststellte dass die Gedenkstätte mit Zoll- und Fernmeldemuseum geöffnet war, bei freiem Eintritt.

Von der Raststätte abgetrennt durch einen Zaun mit Durchgang erreichte ich die alte Autobahnzufahrt die sich teilt in etwa 10 Fahrbahnen mit je einer Kontrollbude, in denen früher komische, sehr zackige, grün uniformierte Männchen saßen mit grünen Mützen. Alte Erinnerungen kamen mir in den Sinn.
Wie oft hatte ich hier gestanden und auf einen Transit-Stempel nach Berlin gewartet. Bangend neben einem erst seit wenigen Stunden bekannten Fahrer der Mitfahrerzentrale Frankfurt der mich von hier aus günstig nach Berlin mitnehmen sollte. Gerne hätte ich jetzt als „Rentner mit viel Zeit“ mal die Daten der Stempel aus meinem alten Reisepass in eine Excel-Tabelle eingetragen und ausgewertet.

Doch leider wurde mir gerade dieser, mit DDR-Stempeln gefüllte Pass auf einer Reise durch Thailand und Malaysia auf der Rückfahrt von Singapur 1975 auf dem Hauptbahnhof in Kuala Lumpur gestohlen. (Damals hatte ich noch keine so guten, fürsorglichen Reisebegleitungen wie heute)

Ich guckte neugierig durch die große Frontscheibe einer der Kontrollbuden und staunte wie klein sie waren. Ein Stuhl darin, ein riesiger gusseiserner Heizkörper im Rücken, ein altes Wählscheibentelefon links und durch die rechte Seitenwand eine Klappe mit Durchreiche nach draußen. Hinter dieser verlief ein etwa hundert Meter langes, dunkles Teil mit rechteckigem Querschnitt auf Stelzen in Richtung Westen zu einem anderen Gebäude. Was ist das? Hatte ich mich damals schon gefragt. Jetzt konnte ich es selbst herausfinden. Ein kleines Förderband verbarg sich darin.
Ungestört und frei lief ich jetzt hier auf dem Straßennetz herum, noch nicht mal ein Tourist
war zu sehen. Damals pattroulierte manchmal ein Grüner mit geschultertem Gewehr sinnlos herum. Ich kann mich nicht erinnern dort jemals einen Fuß auf die Straße gesetzt zu haben. Aussteigen war unvorstellbar. Nur auf besonderen Befehle bei eventueller Kontrolle. Doch das hatte Ich nie erlebt.

Eines der größeren Gebäude stand offen. Dort waren alte Fernmeldegeräte ausgestellt. In einem mehrstöckigen Gebäude etwas weiter entfernt war das Zollmuseum. Mir blieb keine Zeit mehr das zu besuchen, die Pause war fast vorbei, ich eilte zum Bus zurück und die Fahrt ging gleich weiter. Einige Zeit verbrachte ich noch mit meinen alten Erinnerung während draußen neu zeitliche Windenergieparks vorbeizogen.

Bereits um 11:50 Uhr tauchten auf meiner rechten Seite die ersten Industriebauten und Lagerhallen der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt, Magdeburg auf und im Hintergrund die Türme des Magdeburger Domes. Hier waren wir auch schon mal am 26. 8. 2010 im Rahmen der achten RHA-Exkursion. Um 12 Uhr überquerten wir den Abstiegskanal Rothensee und die Elbe. Parallel zur Autobahn verläuft hier auch der Mittellandkanal der am Schiffshebewerk Rothensee zum Elbe-Havelkanal wird und mit dem Wasserstraßenkreuz Magdeburg über die Elbe geleitet wird. Kurz danach die Autobahnabfahrt Lostau / Hohenwarthe Im Hintergrund der 120 Meter hohen Salzberg „Kalimandscharo“ der K+S Kali GmbH bei Zielitz zu sehen. Jetzt entdecke ich auf der Gegenfahrbahn einen Stau. Ich habe gar nicht bemerkt wann er anfing. Da hatten wir bisher noch Glück. Es geht zügig weiter Kiefern- und Birkenwälder säumen die Autobahn, abwechselnd mit Wiesen. Schräg von rechts knallt mir die Sonne ins Gesicht, links schwarzgrauer Himmel mit Regen- wolken, davor in starkem Kontrast ein paar blendend weiße Windräder im hellen Licht. 12:45 Uhr Autobahndreieck Weser mit Abzweigung nach Prenzlauer Berg, Hamburg und Potsdam, Berlin. Auf einem Stein ist der erste Berliner Bär zu sehen, der Verkehr stockt. Ich stehe auf um meine Beine mal wieder etwas zu belasten. Weit laufen geht natürlich nicht im Bus. Soll ich jetzt den Kollegen Hartmut R. beneiden, der in seinem Zug schön spazieren gehen kann? Ich bin gespannt ob, wann und wo wir ihn heute noch treffen. Ich hänge mich klimmzugartig an die Haltestangen des Gepäcknetzes und sehe durch die linken Busfenster, dass unsere beiden Autobahnspuren gesperrt sind. Auf den frischen schwarzen Bahnen werden gerade Streifen gezogen und einige Arbeiter kriechen auf Knien. Der gesamte Verkehr ist auf die Standspur umgeleitet, doch es geht weiter und bereits nach 10 Minuten ist auch das schon vorbei. Ich lasse mich wieder in meine Sitze fallen und es beginnt zu regnen. Schon um 13:20 Uhr erreichen wir Dreilinden einen der „Eingänge“ nach Berlin. Jetzt noch über den alten Avus, an der Tribüne vorbei und kurze Zeit später zwischen der ICC- Messehalle und der Ernst- Merck-Halle hindurch und unter dem Funkturm und erreichen genau um 13:40 Uhr die Schranke an der Einfahrt des Berliner ZOB Masurenallee 4-6. Wenige Minuten später stehen wir schon mit unserem Gepäck in der Halle und warten geduldig bis unsere Führung die Gruppen- und Einzeltageskarten der Berliner Verkehrs Gesellschaft (BVG) dem Automaten abgerungen hat. Es regnet zwar noch etwas aber es nützt nichts, wir müssen raus und zu Fuß bis zur Station Kaiserdamm der U2. Fortsetzung siehe Blatt „Ablauf der Exkursion“ Im Hotel angekommen wartete hier erstaunlicherweise Hartmut schon auf uns. Auch die Kollegen Siggi H. und Karl-Heinz I. aus Süddeutschland trafen wir später. Kurz nach dem Check-In trafen wir uns schon wieder und es wurden Interessengruppen gebildet. Ich ging mit einer 5-er Gruppe die sich die Füße vertreten wollte vom Hotel den Kudamm entlang bis zur Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Breitscheitplatz. Ab hier fing es wieder an zu regnen, sodass wir es gerade noch bis ins Europacenter schafften. Es wurde von der Mehrheit der Gruppe gewünscht hier eine Pause zu machen. Doch wenn ich schon mal wieder in Berlin bin, wird Essen und Trinken zur Nebensache. Das kann man hier alles im Vorbeigehen erledigen. Ich zweigte also ab zur nächsten Haltestelle der Busse nach Osten und sprang bereits 5 Minuten später in einen 100er Doppeldecker. Der Fahrer sah mir wohl an dass ich Tourist war, denn er hatte keine Lust mir das Wechselgeld für eine Tageskarte herauszugeben. Er meinte ich kann später woanders noch die Karte kaufen. Erstaunlicherweise war der Bus nicht sehr stark besetzt, sodass ich einen Frontsitz in der oberen Etage nehmen konnte und es ging los durch Berufsverkehr und beginnende Dämmerung Richtung Berlin Mitte und Alex.
Eigentlich wollte ich am Potsdamer Platz aussteigen, doch der Regen war mir zu lästig und ich fuhr mit bis zur Baustelle des Stadtschlosses. Der Bus stoppte direkt vor der Humboldt- Infobox und ich sprang von der Haltestelle aus direkt hinein. Wunderbare Infos, Aussichten, Videos, Führungen, Modelle und Souvenirs. Ich blieb bis etwa 18:30 Uhr bis der Regen wieder aufhörte, sodass ich zu Fuß durch den Kupfergraben, das Humboldt-Unigelände und Studentenkneipenviertel bis zum Friedrichstadt-Palast gehen konnte. Hier kam ich noch knapp vor Beginn der Vorstellung um 19:30 Uhr an, und noch rechtzeitig zu Freibier und Brezeln zur Vorpremiere.

Eine gute Karte gab es auch noch für die neue Aufführung deren Produktion über 11 Millionen Euro gekostet haben soll. „The One Grand Show“ mit 500 herrlichen Kostümen kreiert von Jean Paul Gaultier, getragen von über 100 Künstlerinnen und Künstlern. In der Pause gab es wieder freie Getränke und so blieb ich fit bis zum Finale wo nochmal ein Ballett von 32 frisch geputzten, schwarzen Puppen tanzte.

Für mich und viele hundert andere Gäste. Zum Schluss durfte sogar fotografiert werden. Zu Fuß ging ich nach der Show zum Bahnhof Friedrichstrasse von wo aus ich mit der S- Bahn problemlos in mein Hotelbett fuhr.